Text kostenlos download
Grenzenlos erreichbar
Chris : (geht umher, telephoniert) Übrigens, wegen Brüssel erwarte ich noch ein paar dringende Infos, ich weiß nicht, ob sie faxen, mailen oder anrufen werden.
Auf jeden Fall bin ich mobil zu erreichen.
Dann brauche ich noch den aktuellen Index der Preisentwicklung. Auf welcher Web – Page ??
Laura: Morgen.
C OK.
Ach, lassen Sie uns das beim Mittagessen besprechen.
Sagen Sie ihnen, sie sollen auch dabei sein. (er schaut auf die Uhr)
L Chris, hast du die Milch gesehen?
(sieht, wie er sich soeben die letzte Milch einschenkt.)
C Ich werde etwa so in einer Dreiviertelstunde bei der Sitzung sein… ( Während er weiterspricht, nimmt sie seine Tasse, er bemerkt ihren Tassentausch) Hey??
L Danke.
C Verzeihen Sie, ich bin unterbrochen worden. Was haben Sie gerade gesagt? Ja,
Richtig. Ich werde so etwa in einer Dreiviertelstunde bei der Sitzung sein.
Hören Sie zu – sagen Sie ihnen, dass die Unterlagen da sein müssen.
Das ist nicht mein Problem, soll er sich ein Faxgerät fürs Auto anschaffen. Schließlich bezahlen wir ihn für ihre Arbeit. ( L. richtet sich ihr Brötchen auf dem Teller) Gut. Bis gleich. (Legt auf, nimmt ihr Brot) Danke.
L.: Chris, die Lebensmittelkurse stehen aber heute wieder schlecht.
C.: Schle…? Die Börse hat doch noch gar nicht eröffnet!
L Ich spreche von den Lebensmittelkursen in unserem Kühlschrank. Wir haben
überhaupt nichts mehr da.
C Laura, ich wär´ dir dankbar, wenn du mit dem Begriff „Kurse“ nicht so locker umgehen würdest. Da kann man ja einen Herzinfarkt bekommen.
L Tut mir leid, aber ich glaube, du wärst diese Woche dran gewesen.
C Laura, mein Terminkalender ist voll.
L Du warst diese Woche eingeteilt.
C Ich hab gar nicht wie sonst mein Mail bekommen.
L Doch, hast du.
C (konzentriert auf Laptop) Hier steht aber nichts in meinem Organizer….
L (Sieht in ihrem Laptop nach) Ich hab hier sogar die Sicherheitskopie einer Memo- Nachricht, die ich dir am 20. Februar zukommen ließ; eine Erinnerung an den Auftrag mit ausführlicher Arbeitsbeschreibung und festgelegten Fristen.
Ich zitiere : “ In der 12-ten Kalender-Woche wird Chris die volle Verantwortung für die Aufrechterhaltung des Haushaltes inklusive der Versorgung mit Lebensmitteln übernehmen. “ Ende des Mails. Noch irgendwelche Fragen?
C Im Augenblick nicht, Frau Protokollführerin.
L Gut, Ich schließe die Beweisführung ab. Was hast du für heute geplant?
C (sieht im Computer nach) Moment, ich sehe mal nach. – Oha, heute ist wieder alles voll, jetzt gleich habe ich einen Termin. Und dann geht es durch bis heute abend, ich denke, 10 Uhr wird es sicher.
L Besteht die Möglichkeit zu einer Verabredung zum A k f bendessen?
C Mit dir ?
L (etwas frustriert) Ja.
C (sieht im Laptop nach) Nein, heute geht es nicht. Freitag habe ich noch eine Stunde frei, Freitag 15.00 Uhr.
L (enttäuscht) Freitag… früher nicht ? Was ist mit Morgen ?
C Morgen, Donnerstag….(er schaut im Laptop nach) da bin ich doch in Brüssel. Hast du das vergessen? Aber du kannst mich mobil erreichen.
L Nein, dann nehmen wir Freitag …
C Ha?
L Ja…. da habe ich auch Zeit. (trägt es im Laptob ein- Brille)
C Alles klar. Ich notiere es mir. Freitag. Wo treffen wir uns?
L Im „Ce Soir? “
C Das ist zu umständlich für mich. Wie wär’s, wenn du ein Lunchpaket mitbringst und wir essen bei mir im Büro?
L (Nicht begeistert) Gut, dann treffen wir uns im Büro.
C OK. (während er es eingibt) Laura.. (L versucht etwas zu sagen)
Lunchpaket.. Freitag. (steht auf, zieht Jackett an.) OK, ich muss jetzt los, wir sehen uns heute abend. ….
L Da bin ich wahrscheinlich schon im Bett. Ich muss morgen früh aufstehen.
C Dann bis morgen früh. (macht sich auf den Weg)
L (entscheidet sich, es ihm gleich zu sagen) Übrigens, ich habe das Ergebnis…. Es ist positiv.
C Positiv ?
L Ja. Wir sind bald zu dritt.
C (versteht langsam) Oh, okay. (setzt sich hin, klappt den Laptop auf, keine Gefühlsregung) Wann ist der Termin?
L (Enttäuscht von seiner fehlenden Reaktion) Voraussichtlicher Geburtstermin ist der 3. September.
C September…Sep.…..Sep… das ist schlecht…. aber ich habe ja noch neun Monate Zeit, meine Termine zu reorganisieren.
L (gar nicht erfreut, macht sich ein bisschen lustig) Außerdem hat man mir mitgeteilt, dass es da ein paar vorhergehende Termine geben wird, die unumgänglich sind, um zu einem „vollen Verständnis des Projekts zu gelangen“.
C Hast du die Termine schon?
L Nein, aber ich geb‘ sie dir so bald wie möglich durch.
C Ich wäre dir sehr dankbar. ( Steht auf, um zu gehen) Gut. Gratulation. Gute Arbeit. (greift nach Laptop und Handy)
L Danke, hätte ich ohne dich nicht geschafft.
C Gern geschehen. Also dann, ich bin spät dran. (trinkt seinen Kaffee aus, bricht endgültig auf)
L (versucht, an ihn heranzukommen) Chris, wir bekommen ein Baby!
Wir bekommen ein Baby.
C Ja.
L Wir – du und ich – wir zusammen bekommen ein Baby!
C Ja. Schön.
L Ich kann´s nicht glauben.
C Bestimmt kannst du vom Arzt eine Kopie des Ultraschalls bekommen.
L Chris, ich trage dein Baby in meinem Bauch.
C (immer noch emotional unberührt) Danke für das Urheberrecht.
L Freust du dich nicht wenigstens ein bisschen?
C Natürlich freu ich mich… nur, ich habe nur jetzt einen Termin, und…..
L Vergiss einmal deinen dummen Termin! Schatz, wir haben so viel zu besprechen.
C Wir haben doch den Freitag eine Stunde.
L Eine Stunde! Erstens kann ich damit nicht bis Freitag warten, und zweitens wird es länger als eine Stunde dauern, um so etwas zu besprechen. Was mache ich mit meiner morgendlichen Übelkeit, was machen wir mit dem Baby, in welcher Tageskrippe sollen wir es anmelden?
C Laura, hör mir zu, ich bin mir dessen vollkommen bewußt, nun das ist einfach nicht der Moment um….
L Du machst mich wahnsinnig, weißt du das?
C Dann schlage ich vor, dass du das bei unserem nächsten planmäßigen Ehegespräch zur Sprache bringst.
L (geht zum Telefon) Ich glaube, ich muss für dich einen Termin im Krankenhaus ausmachen.
C Warum für mich, ist etwas nicht in Ordnung?
L Ja. Ich werde mal nachfragen, ob sie bei dir eine Herztransplantation durchführen können.
C Sehr witzig. Haha.
L Er hat Sinn für Humor. Es ist noch nicht alles verloren.
C (wendet sich zum Weggehen) Du kannst mich Mobil erreichen.
L (ärgerlich) Oohhh, ich kann dich mobil erreichen!……Von wegen, ich kann dich erreichen. Ich kann dich nicht im Büro erreichen, ich kann dich auch nicht zu Hause erreichen, ich habe nur zufällig einmal Glück gehabt, und hab dich im Bett erreicht. (Pause)
Chris, was ist mit dir passiert? Was ist mit uns passiert?
Wir haben mal richtig gelebt. Wir haben uns geliebt. Und jetzt, jetzt sind wir einfach nur noch…erfolgreich. Ich kenne dich überhaupt nicht mehr. Oder?
C (einfühlsam) Laura, ich weiß deine Gefühle zu schätzen.
L (sarkastisch) So, tust du das?
C Ja, aber das hier ist einfach nicht die Zeit, über so was zu diskutieren.
Da warten Leute auf mich!
L Schön. Geh doch.
C Wie gesagt, wir haben ja….
L Eine Stunde am Freitag, ich weiß.
C Ja, und du wirst meine volle Aufmerksamkeit haben. Also, ich muss jetzt los,
wir sehen uns dann heute abend.. oder am… bis bald.
(geht hin, um sie zu küssen, sie hält ihm nur die Wange hin, er geht)
L (sie steht da, fängt sich langsam wieder, sieht auf die Uhr, nimmt das Handy und
wählt) Herr Schneider, ja hier Behrendt, hören Sie, was unseren neuen Kunden angeht, was halten Sie davon, wenn wir statt einer Videokonferenz persönlich nach Berlin fliegen und ihm den Entwurf vorstellen? Ich glaube, wenn er gezwungen ist, sich den Entwurf persönlich anzusehen, wird er seine Bedenken verlieren…. Nein……. Ich würde das gerne übernehmen. Morgen?
(sieht im Labtop nach) Nein, morgen hab ich keine Zeit. Freitag?.. Ja..Freitag würde gehen……gut….dann nehmen wir Freitag. Danke.
(Sie legt auf, bleibt sitzen und im Hintergrund beginnt Musik zu spielen; das Licht geht langsam aus)
(a song starts playing in the background as she sits; the light turns down slowly)